Der nachfolgende Artikel erschien in ähnlicher Form mit anderen Bildern in der Zeitschrift „Nationalpark“, Nr. 133, 3/2006. Ich danke Reiner Schopf für die Überlassung. Die Qualität der Bilder hat sich durch die Digitalisierung schon älterer Dias nicht gerade verbessert. Fotos: Schopf/Knake (c)
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Die „Vogelinsel Memmert“ gehört seit 1986 zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und ist als „Ruhezone“ ausgewiesen. Abertausende von Wat- und Schwimmvögeln versuchen dort zu leben und zu überleben. Rainer Schopf war 30 Jahre Vogelwart auf Memmert. Seine Beobachtungen und Erfahrungen im Umgang unserer Gesellschaft mit diesem Kleinod der Natur erschrecken zutiefst. Wann endlich nimmt Deutschland, nehmen die verantwortlichen Bundesländer den Auftrag ernst, das gemeinsame Naturerbe auf Dauer zu schützen?
DIE ACHTE INSEL
Reiner Schopf
Sieben Inseln sind vor der ostfriesischen Küste aufgereiht. Beliebte, vom Tourismus stark geprägte Ferienziele. Seit 1986 gehören sie, das Watt und die Salzwiesen vor den Festlandsdeichen zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Wenig bekannt und scheinbar vergessen liegt südlich vom Juister Westende eine achte Insel: Die Vogelinsel Memmert. Erst um 1900 ist sie aus einer Sandbank entstanden. Der Juister Lehrer und Naturschutzpionier Otto Leege hat sie 1906 gepachtet und zu einer „Vogelfreistätte“ gemacht. 1924 wurde sie Naturschutzgebiet und der auf der Insel lebende Vogelwart wurde von einer Behörde bezahlt. Nun liegt sie in der Ruhezone (Zone 1) des Nationalparks. Etwa 40 Vogelarten brüten auf Memmert, darunter Löffler, Kormoran, Löffel- und Eiderente, Rohr- und Kornweihe, Wasserralle, Säbelschnabler und Brand-, Fluss-, Küsten und Zwergseeschwalbe.
Von 1973 bis 2003 war ich Vogelwart auf der Insel. Angestellt war ich bei einer Behörde, die wie schon der Name sagt, ihren Schwerpunkt im Küstenschutz hat. Der „Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist aber auch für Schutzgebiete zuständig. Interessenskonflikte sind vorprogrammiert. Vor allem im Frühling und Herbst, wenn sich riesige Scharen nordischer Wat- und Schwimmvögel einfinden, gleicht Memmert einem „Vogelparadies“, obwohl keineswegs paradiesische Zustände herrschen. Viele Vögel, die an der Wattenmeerküste leben, sind langbeinige Spezialisten, die auf diese amphibische Welt angewiesen sind. Das Wattenmeer ist ein Magnet für Millionen gefiederter Wanderer, die Drehscheibe des ostatlantischen Vogelzugs. An manchen Tagen finden sich bis zu 100 000 Vögel an den Hochwasserrastplätzen der Insel ein.
Eine wunderbare, verwirrende Vielfalt von großen und kleinen Vogelgestalten, von langen, kurzen, krummen oder geraden Schnäbeln, von melodischen und rauen Stimmen … Es ist fast so, als ob die Arche Noah hier gelandet wäre, um ihre kostbare Fracht auszuschütten. Die Tiere brauchen nur zu warten bis die Flut fällt, um das zu ernten, was ihnen das Watt großzügig beschert. Die raue Landschaft kann aber auch den Tieren alles abverlangen, Sturm und Wellen, Winter und Eisgang können manchmal geradezu furchtbar sein. Diese Grenzlandschaft zwischen Land und Meer ist immer faszinierend, ihre Lebensvielfalt atemberaubend – sie berührt einen zutiefst.
Problembewusstsein? Fehlanzeige
Bei verschiedenen Gelegenheiten konnte ich feststellen, dass kaum einem Juister bewusst war, wie gefährdet diese sensiblen Ökosysteme sind. Es schien den Insulanern egal zu sein, wohin die Übernutzung führt. Seit jeher seien die Insulaner Naturschützer gewesen. Regeln für das Verhalten in der Natur seien deshalb überflüssig, pure Drangsalierung, eine Behinderung der persönlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, basta!
Der Naturschutzpionier Otto Leege hat belegt, wie die ostfriesische „Naturliebe bis weit in die 1920er Jahre aussah: Ganze Seevogelkolonien wurden „als Belustigung für Einheimische und Badegäste zusammengeschossen.“ Hinzu kam das rigorose Eiersammeln. Auch auf Memmert fanden bis zum Eingreifen Leeges Schieß- und Sammelorgien statt. Er beklagte bereits die starke Beunruhigung der Vögel durch den Fremdenverkehr. Was würde er heute, angesichts der mehr als 30 Millionen Übernachtungen im Nationalpark sagen? Kann dieses Urlauberheer „sanft“ mit der Natur umgehen? Verhalten sich die Menschen heute tatsächlich „sanfter“? Ein paar Beispiele für den aufkommenden Zweifel. Bis in die 1980er Jahre fanden es Wassersportler normal, am Strand von Memmert nach Treibgut zu stöbern und nach Herzenslust zu picknicken und zu baden, obwohl das Betreten der Insel schon seit 1907 verboten war.
Auch Kaninchenjagden waren üblich, angeblich um die Dünen zu schützen. Dass es Vögel gibt, die auf vegetationsarme Primärhabitate angewiesen sind, war den segelnden Naturfreunden neu oder egal. Es dauerte Jahre, um diese Störungen abzustellen und brachte mir den Ruf eines „Menschenfeindes“ ein.
Memmert, die Watten und Sande und der Westteil von Juist liegen in der Zone 1 des Nationalparks, vor Freizeithungrigen und Fischern sicher. Er ist schön, aber er trügt – der Schein. Für mehrere hundert Robben sind die Sandbänke Ruheplatz und Kinderstube. Zehntausende Vögel bevölkern die Sandplaten und das Watt. Eiderenten ziehen hier ihre Jungen auf. Aber weder durch den biologischen Wert des Gebiets, noch durch naturschutzfachlich begründete Verbote lassen sich Segler, Paddler und Motorbootkapitäne davon abhalten, an den Stränden zu ankern und dort stundenlang ihre Freizeit aktiv zu verbringen. Personalmangel, die Tiden und die Entfernungen verhindern die Präsenz der Wasserschutzpolizei. Auf die Schutzbestimmungen angesprochen, reagierten die Wassersportler meist kaltschnäuzig oder aggressiv.
Den Freizeitspaß wollte man sich durch einen grünen Fanatiker nicht verderben lassen. Und sie wissen, dass Anzeigen, selbst solche mit Belegfotos, als „geringfügig“ im Papierkorb landen, Personen, die für sich Narrenfreiheit in der Natur beanspruchen, sind mit Schmähungen wie „grüner Spinner, Öko-Neurotiker“ schnell zur Hand. In Kreisen solcher „Naturfreunde“ gehört es scheinbar auch zum guten Ton, geltendes Naturschutzrecht zu ignorieren, das habe ich bei vielen Gelegenheiten erlebt. Mit dem Umweltbewusstsein ist es wie mit der Moral – es geht auch ohne.
Der Naturschutzauftrag wird nicht erfüllt
Der Nationalpark mit einer Fläche von fast 280000 Hektar soll von nur sieben Nationalparkwarten, zu deren kompetenzloser Zunft ich mich rechnen durfte, überwacht werden. Die Nutzerlobby hat mittels politischer Kontakte den Einsatz von Rangern, die Ordnungskompetenzen haben, erfolgreich verhindert. Die geprüften Wattführer/innen sollen Kontrollen mit übernehmen. Bei Kontakten mit ihnen konnte ich feststellen, dass sie Wattwanderungen und Freizeitaktivitäten per se für naturverträglich halten. Ihre Überwachung besteht also vorwiegend im Wegsehen.
Auch im Westteil von Juist – von Memmert aus gut zu beobachten – beanspruchen Freizeitkapitäne und Touristen eine Narrenfreiheit, die durch kein Problem- oder Unrechtsbewusstsein getrübt wird. Trocken gefallene oder ankernde Motor-und Segelyachten, Spiel- und Badespaß, Grillfeten oder Wettfahrten mit Beibooten sind hier normal. Abseits der ausgewiesenen Wege wandern Touristen in großer Zahl kilometerweit ins Watt, manche lassen Drachen steigen. Hundebesitzer gönnen ihren Lieblingen die Hatz auf Vögel, Paddelbootfahrer zelten in den Dünen…
Beunruhigungen verkleinern das Aktionsareal der Vögel enorm. Um auf Witterung, Wasserstände oder Feinde reagieren zu können, benötigen die Vögel Alternativareale. Diese Alternativen werden durch Störungen immens reduziert. Kommen Menschen in ein Gebiet, stören scheinbar nur die ersten: Da die Tiere geflüchtet sind, sind nachfolgende menschliche Aktivitäten mangels Vögel „harmlos.“ Ähnlich ist es, wenn Menschen ein Gebiet besetzt haben und die Tiere sich nicht dorthin trauen. Oft hörte ich von Menschen, die ich auf ihr negatives Verhalten hinwies: Was wollen Sie? Hier sind doch gar keine Tiere.
Wegen dieser Unauffälligkeit vieler Störungen, aber auch aus Unsicherheit und Gleichgültigkeit reagierten die Polizeibeamten von Juist auf Hinweise „äußerst zurückhaltend.“ Für die Wassersportler fühlten sie sich überhaupt nicht zuständig. Mit Schildern und einer Absperrung versuchte ich den Rummel wenigstens zu begrenzen. Brütende Seeschwalben am Wattrand waren regelrecht weggetrampelt worden. Weder das NLWKN noch die Nationalparkverwaltung wollten für meine Aktivitäten die Verantwortung übernehmen, ja man wollte mich sogar daran hindern. Nachdem die Behörden dem Treiben 16 Jahre lang untätig zugesehen hatten, wurde eine Ausnahmegenehmigung für einen Anker- und Liegeplatz erteilt. Die Störwirkungen gehen weit über das ausgewiesene Gebiet hinaus und niemand kontrolliert, ob sich die Segler an die Grenzen halten.
Flugsport
Im Spätsommer sind die Scharen nordischer Vögel im Watt überwältigend. Wie Rauchwolken steigen Schwärme von Watvögeln an den Rastplätzen auf. Fällt das Wasser, verteilen sich die Tiere über große Wattgebiete, um das Tischleindeckdich mit unzähligen Kleintieren zu nutzen. Nicht nur Wattwanderer, frei laufende Hunde oder Wassersportler hindern die Vögel daran, die knappe Zeit bis zur nächsten Flut optimal zu nutzen. Oft sieht man flüchtende Vögel, ohne den Grund für die Unruhe gleich zu erkennen.
Schlanke, oft lange Strecken lautlos fliegende Motor-Segelflugzeuge sind leicht zu übersehen. Sie wirken wie Greifvögel und zwingen die Vögel zu kräftezehrender Flucht. Statt Energie zu tanken: Stress. Es gibt lediglich eine freiwillige Verzichterklärung der Juister Flugschule für das Überfliegen der Gebiete um Memmert, an die sich Piloten halten können oder auch nicht. Die Sande westlich von Memmert sind wegen der Distanz nur schwer zu beobachten. Hier konnte ich bei Kontrollgängen beobachten, daß Motorsegler in weniger als 50 Meter Höhe die Sandbänke mehr als einmal überflogen. Tiefflugübungen dort, wo Tiere ungestört leben sollen! Berichte an die Behörden blieben ohne Resonanz., Ansätze, die Störungen zu minimieren, fehlen.
Deeskalationsstrategie?
Häufen sich die Störungen durch Lenkdrachen, frei laufende Hunde oder Freizeitspaß im Nationalpark, oder werden Wie in jüngster Zeit (2005/2006) auf den Inseln Langeoog und Spiekeroog ganze Seevogelkolonien Opfer von „Möweneiersammlern“, appellieren und bitten die Behörden in der Presse um die Beachtung der Schutzbestimmungen. Mehr passiert nicht! Kann man deutlicher demonstrieren, dass gar nicht versucht wird, geltendes Naturschutzrecht umzusetzen? Und dass niemand Konsequenzen fürchten muss, der darauf pfeift? Für Wiederholungs- und Nachahmungstäter ist das geradezu eine Aufforderung, die Ge- und Verbote im Nationalpark zu ignorieren. Mit Appellen können wissenschaftlich begründete Schutzleitlinien nicht umgesetzt werden.
Mit 600 Hektar beziffern die Behörden die Größe Memmerts. Westwind und Springtiden lassen das trockene Areal der Insel auf circa 150 Hektar zusammenschrumpfen, denn auch Teile des 200 Hektar großen Grünlandes werden regelmäßig überflutet, vom „Landunter“ bei Sturmfluten abgesehen. Auch andere Bruthabitate werden mit unrealistischen Flächen angegeben. Der tatsächlich existierende Mangel an Brutgebieten ist so nicht mehr erkennbar. Werden, wie auf Memmert, Habitate um 75 Prozent „größer gemacht“ als sie tatsächlich sind, wird die reale Situation geschönt. Meine entsprechenden Hinweise blieben unbeachtet.
Eiderenten- und Robbensterben
Die Ostsee-Wattenmeerpopulation der Eiderente überwintert in der südlichen Nordsee. Ab 1999 stieg die Zahl der winterlichen Todfunde im Nationalpark an. Die Mortalitätsrate ab 1999 wurde im wesentlichen durch einen Mangel an energiereicher Nahrung bestimmt: Die Enten sind verhungert.
Wie in anderen Gebieten sind auch um Memmert die bei Ebbe trocken fallenden Miesmuschelbänke durch Befischung zerstört worden. Miesmuscheln sind die energiereiche Hauptnahrung der Eiderenten im Winter. Nach § 28a des Naturschutzgesetzes sind Muschelbänke besonders geschützt, aber die Landesregierung hat diesen Paragraphen innerhalb des Nationalparks außer Kraft gesetzt. Bis heute können Miesmuschelbänke in der strengsten Schutzzone zerstört werden. Es gibt zwar einen „Muschelmanagementplan“, der hat aber mit dem Schutzweck nichts zu tun, sondern richtet sich nach den Wünschen der Fischer.
Nebenbei fangen die Fischer Meeräschen, die mit der Flut in die kleinen Priele schwimmen, um den Algenrasen abzuäsen. Mit Schleppnetzen werden die Priele zu Fuß abgefischt. Dabei werden große Areale stundenlang massiv beunruhigt, wie ich in der Umgebung Memmerts beobachten konnte. Bis zur Erschöpfung wurden zum Beispiel mausernde Eiderenten und noch nicht flugfähige junge Brandgänse von den Fischern umhergehetzt, alle Seehunde und Vögel vertrieben. Tabuzonen gibt es für Berufsfischer nicht.
Fischer, Bauern und Jäger fordern bis heute immer wieder die „Regulierung“ tierischer Konkurrenten. Robben, Kormorane, Eiderenten oder Gänse sind „schädlich und bei Plagen hört der Spaß auf.“ Beim Robbensterben 1988 und 2002 wurde auch der Strand von Memmert zum Gräberfeld. Dass die Anfälligkeit für Infektionen durch Schadstoffe erhöht wurde, haben vor allem die Küstenkommunen und die Tourismusindustrie vehement geleugnet. Schadstoffe im Nordseewasser wirken sich negativ auf die Geschäfte aus, also kann nicht sein, was nicht sein darf. Totengräber für die Seehunde zu sein war bedrückend genug, ebenso bedrückend war das Geschwätz der Einheimischen von einer „Überpopulation“ und „notwendigem Abschuss.“ Pulver und Blei als Allheilmittel!
Naturerlebnisse, ein Motor für den Schutz?
Naturerlebnisse und Informationen steigern das Umweltbewusstsein, heißt es. Nach der Brutzeit werden auf Memmert Besucherführungen mit einer begrenzten Teilnehmerzahl durchgeführt. Im Laufe der Zeit haben Tausende Besucher die Inselnatur erlebt. Überall an der Küste werden Führungen, Wattwanderungen und Vorträge angeboten. Gibt es Mehrheiten für einen intensiveren Schutz? Oder für eine angemessene Bestrafung, wenn Naturschutzgesetze ignoriert werden? Sympathisiert die Bevölkerung nicht eher mit Bauern, Fischern und anderen Nutzern, als mit dem Naturschutz? Die Natur wird mehr denn je als „Ressource“ für Freizeit und Erholung, als Fitnessterrain, für seelische Erbauung und als Wirtschaftsraum genutzt. Die Würde der Tiere ist antastbar – das zeigt die Einteilung in „nützlich und schädlich“ ebenso, wie die Ignoranz tierischer Lebensbedürfnisse.
Im Beruf und im Alltag, in der Normalität der alltäglichen Naturzerstörungen, können sich Respekt und Achtung für die Natur nicht entwickeln. Rücksichtnahme auf Natur ist ein Kostenfaktor, hinderlich, einengend. Die Bestandsrückgänge so bekannter Tierarten wie Laubfrosch, Weißstorch, Feldlerche, Sperling oder Feldhase lassen daran zweifeln, „dass der Mensch schützt, was er kennt.“ Für die „Begegnung Mensch -Natur“ bleiben meist nur anpassungsfähige Opportunistenarten übrig. Sensible Tiere sind dem Dauerstress nicht gewachsen. Das Riesenheer der Freizeithungrigen und das Tourismusgewerbe fordern unter Berufung auf das „Naturerlebniskonzept“ die uneingeschränkte Nutzung der Landschaft. Mit gutem Erfolg, denn das erklärte Ziel der Landesregierung ist es, mit dem Nationalpark den Massentourismus noch zu steigern.
Im Ökowunderland Niedersachsen musste Umweltminister Sander durch Bußgeldandrohungen aus Brüssel gezwungen werden, die FFH und EU-Vogelschutzrichtlinie, die auch im Nationalpark gilt, umzusetzen. Die EU beanstandete unter anderem, dass im Nationalpark, den die Behörden mit geradezu aufreizender Gleichgültigkeit verwalten, mehr als 80 Gebiete aus dem Schutz entlassen oder herabgestuft wurden und nun touristisch genutzt werden. Diese Missstände hinderten die Verantwortlichen des Umweltministeriums und anderer Institutionen nicht daran im Juli 2006 das 20jährige Jubiläum der Nationalparkgründung als Touristenspektakel zu feiern.
Vertreter der Kommunen und des Tourismusgewerbes, die seit 20 Jahren den Schutz torpedieren, waren selbstverständlich mit dabei. Auch die Vertreter von Naturschutzverbänden waren in Partystimmung, obwohl die Schutzdefizite eher Anlass für eine Trauerfeier sein könnten. Bedrückend ist das Maß an Gleichgültigkeit und Naturentfremdung, das die Organisatoren des Events offenbar haben. Das Schicksal der Landschaft und der Tiere scheint sie nicht zu berühren.
Dankbarkeit und Freude – Wut und Trauer
Denke ich an die 30 Jahre auf der Vogelinsel zurück, bin ich hin- und hergerissen zwischen Dankbarkeit, Freude und Begeisterung für die wunderbaren Erfahrungen, die mir die Insel und ihre Bewohner in Pelz und Federn bereitwillig schenkten – und Wut, Empörung und Trauer über den hochgradig vernunftwidrigen, herzlosen Umgang mit den Möglichkeiten die Wunder zu schützen, den Zauber zu bewahren, den die Verantwortlichen pflegen.
Die Vogelinsel könnte eines der Regenerationsgebiete sein, in welchen die faszinierende Lebensvielfalt Raum und Zeit hat sich zu entfalten. Heute kann sie mehr dem Anschaungsunterricht dienen, wie und warum Naturschutz scheitert. Der Philosoph Lichtenberg (1742-99) schrieb: „Gegenüber dem Tier ist der Mensch Gewohnheitsverbrecher“. Wie wahr! Horst Stern schrieb 1974 sinngemäß: Die Pflanzen und Tiere haben ein Naturrecht auf Verwirklichung ihres Lebens. Sie haben es auch, wenn es dem Menschen nicht den geringsten materiellen oder seelischen Nutzen bringt. Sie haben es selbst dann, wenn zur Verwirklichung ihres Lebensrechts notfalls die Aussperrung des Menschen aus letzten Naturräumen gehört, – die winzige Inseln im Meer unserer Hochzivilisation sind.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Höchstens noch, daß dazu die Umsetzung naturschutzrechtlicher Bestimmungen ohne Wenn und Aber notwendig ist.
Eine tolle Präsentation eines gefährdeten Naturraumes. Leider sind verschiedene Einflüsse überzogen dargestellt. Natürlich ist mit dem Namen „Nationalpark“ nur eine touristische Belebung angepeilt. Geschützt hat die NP-Verwaltung noch nichts. Ebenso ist der Name „Weltnaturerbe“ nur eine Verblendung vor dem Müll am Strand (Bild der Schubkarre) oder den Schadstoffen im Wasser. 20.000Mül in der Nordsee, 25.000 Starts und Landungen in geringer Höhe über dem Watt. Nationalpark?
Ich gestatte mir auf mein Buch hinzuweisen „Kijáuu – 12 Monate Wattenmeer“ BoD Verlag Norderstedt
Wolfgang Half Dangast
Ein sehr schöner, sehr reflektierter und bewegender Artikel. Danke!
Hallo,Rainer,
würde mich freuen,von dir zu hören!
Wir haben Freunde und Verwandte auf Rügen und in Rostock – das ist doch in eurer Nähe. oder? Grüße. Elisabeth