Nachtrag: Am 09. Mai 2017 kündigten die Stadt Esens und der Landkreis Wittmund in einer gemeinsamen Pressemitteilungen an, die Umgehungsstraße wegen der „ungeklärten Rechtslage“ – die keinewegs „ungeklärt“ ist – „gemeinsam die Vorbereitungen dafür zu treffen, baldmöglichst die kommunale Entlastungsstraße von Bensersiel für den Verkehr zu sperren und die Beschilderungen an den Zufahrtstraßen und den beiden Kreisverkehren entsprechend zu ändern“.
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Der Posse nächster Akt (Übernahme von www.wattenrat.de):
Die in einem „faktischen Vogelschutzgebiet“ illegal gebaute Umgehungstrasse Bensersiel (dieser Link führt zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2014) wird zunächst doch nicht gesperrt. Zitat Landkreis Wittmund:
„Der Verkehrsteilnehmer merkt es derzeit zu keiner Zeit, dass die Straße nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Aber rechtlich gesehen ist es aufgrund der fehlenden Widmung eine Privatstraße.“
Der Zeitungsbericht ganz unten.
Die Stadt Esens in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Wittmund reiten sich in ihrer Ignoranz und mit ihrem nicht nachvollziehbaren Rechtsverständnis immer weiter hinein in die Misere: Obwohl die illegal gebaute Straße eigentlich nach der vom Landkreis Wittmund im letzten Jahr verabschiedeten Landschaftsschutzverordnung zwingend für den Fahrzeugverkehr gesperrt werden muss, weil die Straße gar nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist, spielen Landkreis und Stadt auf Zeit. Die Kreisverwaltung will die Notwendigkeit einer Straßensperrung noch „bis zum Sommer prüfen“. Die Frage ist, was es überhaupt noch zu prüfen gibt.
Verordnung vom 13.10.2016 über das Landschaftsschutzgebiet 25 II „Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens im Bereich Bensersiel, Samtgemeinde Esens, Landkreises Wittmund“
Auszug: §3 Verbote (1) Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck der Verordnung zuwiderlaufen. (2) Insbesondere ist verboten: […] 7. auf nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen, Plätzen oder Flächen mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren oder Kraftfahrzeuge dort abzustellen, außer wenn es der ordnungsgemäßen Nutzung und der Unterhaltung von Gewässern und Deichen dient […]
Noch im Februar 2015 ließ sich der damalige Landrat Köring 50.000 Euro für ein Rechtsgutachten für die inzwischen mehrfach überarbeitete Landschaftsschutzverordnung für das EU-Vogelschutzgebiet, in dem die Straße verläuft, vom Kreistag bewilligen. Mit dieser Verordnung soll die Straße – allerdings fragwürdig – nachträglich legalisiert werden. Inzwischen wurden mehrere hunderttausend Euro Steuergelder für zwei verlorene Gerichtsverfahren plus Anwaltskosten für zwei Anwälte versenkt. Im Falle eines Unfalles auf der nicht gewidmeten Straße können zudem hohe Schadensersatzforderungen auf die Stadt Esens zukommen.
Am 14. Februar 2017 soll der neue Anwalt der Stadt Esens, Prof. Gellermann (Osnabrück), deutliche Worte im Verwaltungsausschuss des Stadt Esens gefunden haben; demnach hatte er auf die rechtliche Notwendigkeit der Straßensperrung hingewiesen und sogar angedeutet haben, sein Mandat niederzulegen. Treibende Kraft der Verzögerungstaktik sollen dem Vernehmen nach das Esenser Ratsmitglied Heiko Willms (SPD) und Fokko Saathoff (SPD) sein, Willms ist auch stellvertretender Landrat des Landkreises Wittmund. Beide werden von Kritikern als „faktenresistent“ bezeichnet.
Die Stadt Esens und der Landkreis Wittmund halten trotz der ergangenen Urteile des OVG Lüneburg und des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig gegen die Stadt Esens verbissen und rechtsfeindlich an ihrer Verweigerungshaltung fest. Die Kommunalaufsicht des Landes Niedersachsen sollte diesem Treiben unverzüglich ein Ende machen. Zudem sollte die evtl. Amtshaftung für die Verursacher des Vermögensschadens durch den illegalen Straßenbaus überprüft werden.
Der rechtswidrig enteignete erfolgreiche Kläger und Landeigentümer hat bis heute keinen Cent Entschädigung erhalten.
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Anzeiger für Harlingerland, Wittmund/NDS, S. 1, 22. April 2017
Landkreis prüft bis zum Sommer
VERKEHR Entlastungsstraße Bensersiel darf weiter befahren werden, obwohl sie nicht für öffentlichen Verkehr gewidmet ist In einem Schadensfall würde die Stadt Esens als Gefahrenabwehrbehörde einspringen.
VON MANFRED HOCHMANN
ESENS/BENSERSIEL – Die Situation ist prekär: Obwohl öffentlicher Verkehr auf der illegal gebauten Ortskernentlastungsstraße Bensersiel eigentlich nicht gestattet ist, darf sie vorerst weiter befahren werden. Wie berichtet, hatte die Stadt Esens eine Sperrung der Straße beantragt. Der Landkreis Wittmund prüft zurzeit, wie mit der Situation umzugehen ist. Gesperrt ist die Straße noch nicht, wie etwa vom NDR berichtet. Die Stadt Esens hatte beim Landkreis als zuständige Straßenverkehrsbehörde wegen der inzwischen in Kraft getretenen Landschaftsschutzgebietsverordnung einen Antrag auf Sperrung der Straße gestellt (wir berichteten).
In dieser Verordnung, die der Kreistag im Oktober vergangenen Jahres selbst beschlossen hat, steht folgende Klausel: „Insbesondere ist verboten, … das Befahren mit Fahrzeugen aller Art oder deren Abstellen auf nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen, Plätzen oder Flächen, außer zur ordnungsgemäßen Nutzung und Unterhaltung von Gewässern und Deichen.“ Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt der Landkreis, dass die rechtliche Prüfung dieser Angelegenheit „bis Sommer 2017 beendet sein soll“. Unklar ist momentan, wer für die Verkehrssicherheits- und Haftungspflicht auf der Piste zuständig ist. Dazu schreibt der Landkreis: „Die Verkehrssicherheit auf der Kommunalen Entlastungsstraße ist gewährleistet wie bei jeder anderen öffentlichen Straße auch. Der Verkehrsteilnehmer merkt es derzeit zu keiner Zeit, dass die Straße nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Aber rechtlich gesehen ist es aufgrund der fehlenden Widmung eine Privatstraße.“
Haftungsrechtlich ist die Situation also ebenfalls prekär. Der stellvertretende Esenser Stadtdirektor Herwig Hormann stellt dazu klar: „Es ist zwar unwahrscheinlich, dass es auf dieser relativ neuen Straße zu Schäden kommt – aber sollte so ein Fall vorkommen, würden wir als zuständige Gefahrenabwehrbehörde tätig werden.“